Matratzenhändler gibt es im Onlinehandel seit Jahren. In letzter Zeit mischen sich einige Start-Ups darunter, die versuchen, aus dem – recht profanen – Akt des Matratzenkaufs ein hippes Lifestyle-Event zu machen, das noch dazu den Schlafkomfort fördern soll. In diesem Zusammenhang durfte bislang wie selbstverständlich davon ausgegangen werden, dass die im Internet bestellte Matratze dem 14-tätigen, gesetzlichen Widerrufsrecht bei Fernabsatzgeschäften unterliegt. Daran sind nunmehr allerdings erhebliche Zweifel aufgekommen, die sogar den Bundesgerichtshof dazu veranlasst haben, die Frage dem EuGH vorzulegen.
Zum Sachverhalt
Der Kläger, Berufungs- und Revisionsbeklagte bestellte online eine Matratze. Nach Lieferung packte er sie aus und entfernte dabei unter anderem die an ihr herstellerseits angebrachte Schutzfolie. Einige Tage später stellte der Kläger fest, dass die Matratze seinen Anforderungen nicht genügte und fasste den Entschluss, von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Er teilte dem Verkäufer seine Entscheidung mit und forderte ihn auf, eine Spedition mit der Abholung der Matratze zu beauftragen.
Der Verkäufer – der spätere Beklagte, Berufungs- und Revisionskläger – lehnte dies mit dem Hinweis darauf ab, dass ein Widerrufsrecht bei Hygieneartikeln, deren Siegel gebrochen wurde, nicht bestehe.
Der Kläger veranlasste daraufhin selbst die Rücksendung der Matratze und nahm den Verkäufer zunächst vor dem Amtsgericht Mainz (Az. 86 C 234/15) auf Erstattung des Kaufpreises und der Rücksendekosten in Anspruch. Er bekam, wie später auch beim Landgericht Mainz (Az. 3 S 191/15), Recht. Beide Instanzen gingen nicht davon aus, dass das Widerrufsrecht durch Entfernung der Folie erloschen sei.
Mit seiner Revision verfolgt der Verkäufer seine Rechtsansicht nun weiter.
Die streitige Vorschrift
Stein des Anstoßes ist die Formulierung und Auslegung von § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB:
Das Widerrufsrecht besteht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht bei folgenden Verträgen:
-
Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde, […].
Widerrufsrecht: Ja oder nein?
Ist also eine Matratze, die mit einer Schutzfolie versehen wurde, eine „versiegelte Ware, die aus Gründen der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet ist, wenn ihre Versiegelung entfernt wurde“?
Der BGH, der das Verfahren nunmehr ausgesetzt und die zwei streitentscheidenden Fragen dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt hat (Az. VIII ZR 194/16), scheint dazu zu tendieren, dass Verbrauchern auch bei Matratzen ein Widerrufsrecht zusteht.
Jedoch müssten folgende Fragen abschließend geklärt werden (Formulierung d. Verf.):
- Kommt es bei Hygieneartikeln darauf an, ob das Produkt nach der Rücksendung wieder in einen verkehrsfähigen Zustand gebracht werden kann oder genügt etwa schon jedes denkbare, auch noch so unwahrscheinliche oder abstrakte hygienische Risiko, um das Widerrufsrecht auszuschließen?
- Versteht man unter „Versiegelung“ im Gesetzessinne eine – nach einmaligem Bruch durch den Verbraucher – nicht mehr wieder herstellbare Verpackung und muss diese besonders gekennzeichnet sein?
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs steht noch aus. halle.law wird Sie über den Fortgang des Falls auf dem Laufenden halten.
Wie ist das mit Hotelmatratzen .. wenn die Matratze ein Hygieneprodukt sein soll müsste
die nach jedem Gast dorch wohl ausgewechselt werden.
Hallo,
ein sehr guter Einwand, den der EuGH sicherlich in seinen Überlegungen und Abwägungen berücksichtigen wird. Bleiben wir gespannt!