Unternehmer aufgepasst! Ab 01.02.2017 gelten im Onlinehandel und im stationären Einzelhandel neue Informationspflichten nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz im B2C-Bereich.
Die Neuerungen der Informationspflichten im Überblick
– Alle Unternehmer, die sich bereits (freiwillig oder aufgrund einer Verpflichtung) einer Verbraucherschlichtungsstelle angeschlossen haben, müssen über diese Stelle und deren Kontaktmöglichkeiten leicht zugänglich, klar und verständlich informieren – und zwar im Impressum aller (!) Webseiten (auch Social-Media-Kanäle) sowie in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
– Unternehmer, die zum 31.12. des letzten Jahres elf oder mehr Mitarbeiter hatten, müssen über ihre grundsätzliche Bereitschaft informieren, ob sie gewillt sind, an Schlichtungsverfahren vor anerkannten Streitbeilegungsstellen teilzunehmen oder nicht.
– Besteht Streit mit einem Verbraucher, der nicht ausgeräumt werden kann, so treffen alle Unternehmer nachvertragliche Pflichten: Sie müssen den betreffenden Verbraucher in Textform – also bspw. per E-Mail – darüber unterrichten, an welche Schlichtungsstellen er sich wenden kann und inwieweit die Bereitschaft besteht, an einem solchen Verfahren teilzunehmen.

Der Hintergrund der ADR/ODR im Einzelnen
Bereits am 09.01. letzten Jahres ist die europäische ODR-Verordnung in Kraft getreten, die in Deutschland als unmittelbares Recht gilt und die Onlinehändler verpflichtet, auf ihren Webseiten und in ihren Angeboten einen gut sichtbaren Link zur ODR-Streitschlichtungsplattform (ODR = Online Dispute Resolution) vorzuhalten.
Nunmehr geht der europäische Gesetzgeber hinsichtlich der außergerichtlichen Streitbeilegung noch einen Schritt weiter und hat die ADR-Richtlinie (ADR = Alternative Dispute Resolution) erlassen, die in Deutschland durch das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) umgesetzt worden ist. Sie sieht ab 01.02.2017 bestimmte neue Informationspflichten für Unternehmer hinsichtlich der Streitbeilegung mit Verbrauchern vor.
Vorvertragliche Pflichten
Hat sich das Unternehmen bereits einer anerkannten Streitbeilegungsstelle angeschlossen, so muss klar und leicht verständlich sowohl über diese Stelle als auch über die Kontaktmöglichkeiten zu dieser Stelle informiert werden – und zwar in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, auf allen Webseiten (Shops, Präsentationsseiten, eBay- oder Amazon-Verkaufsseiten) und sogar auf den Social-Media-Kanälen (z.B. Facebook-Seite oder Ähnliches).
Hat sich das Unternehmen einer solchen Streitbeilegungsstelle noch nicht angeschlossen, ist zu unterscheiden:
– Hatte das Unternehmen zum Schluss des letzten Jahres – also per 31.12.2016 – weniger als elf Angestellte, treffen es insoweit keine weiteren Informationspflichten.
– Waren es hingegen elf oder mehr Angestellte, muss im oben umrissenen Umfang über die grundsätzliche Bereitschaft informiert werden, ob das Unternehmen an Schlichtungsverfahren vor anerkannten Streitbeilegungsstellen teilnehmen will.
Vertragliche, bzw. nachvertragliche Pflichten
Besteht eine Streitigkeit mit einem Verbraucher, die weder der Unternehmer noch der Verbraucher ausräumen kann, so muss der Unternehmer unabhängig von der Mitarbeiterzahl den betroffenen Verbraucher in Textform (bspw. per E-Mail) darüber zu unterrichten, an welche Verbraucherschlichtungsstelle er sich wenden kann. Darüber hinaus muss der Unternehmer über seine Bereitschaft informieren, ob er an einem solchen Verfahren teilnehmen möchte oder nicht.
Häufig gestellte Fragen
Ich habe weder Homepage noch AGBs. Treffen mich die neuen Pflichten trotzdem?
Nein. In diesem Falle nicht. § 36 VSBG erlegt die Informationspflichten nur Unternehmern auf, die eine Webseite verwenden oder Allgemeine Geschäftsbedingungen vorhalten.
Bin ich verpflichtet, mich einer Verbraucherschlichtungsstelle anzuschließen?
In den meisten Fällen nicht. Gesetzliche Verpflichtungen zur Teilnahme können sich in der Reise-, Finanz- oder Versicherungsbranche ergeben. Eine vertragliche Verpflichtung kann bestehen, wenn man eine Schiedsvereinbarung unterzeichnet hat. Für die meisten (Online-)Händler ist die Teilnahme also freiwillig.
Raten Sie mir, mich freiwillig einer Schlichtungsstelle anzuschließen?
Die freiwillige Teilnahme kann durchaus vorteilhaft sein. Neben dem Werbeeffekt ist das Schlichtungsverfahren meist schnell und wenig kostenintensiv. Sie können das Verfahren jederzeit beenden, die normalen gesetzlichen Rechtsverfolgungsmöglichkeiten bestehen parallel weiter. Es entstehen keinerlei Nachteile.
Welche Schlichtungsstellen gibt es?
Eine Liste hat das Bundesamt für Justiz veröffentlicht. Sie finden Sie hier. Darüber hinaus wird es in Zukunft auch eine Schlichtungsstelle geben, deren Partner die Rechtsanwälte von halle.law sind. Sie wollen über die diesbezüglichen Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten werden? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter.
Viel Ärger gab es hinsichtlich des Links zur OS-Plattform. Muss ich den trotzdem noch vorhalten?
Ja. Die Verpflichtung nach der ODR-Verordnung bleibt bestehen.
Ich beschäftige Mini-Jobber, habe Azubis und vergebe Teilzeitstellen. Zählen die als volle Mitarbeiter?
Ja. Für die Berechnung der Mitarbeiterzahl kommt es auf die tatsächliche Kopfzahl der Beschäftigten an und nicht auf etwaige Stundenäquivalente. Auch Auszubildende sind miteinzubeziehen.
Wie ist es mit freien Mitarbeitern?
Auch freie Mitarbeiter, die kein Arbeitsverhältnis im klassischen Sinne haben, müssen bei der Berechnung der Stichzahl elf berücksichtigt werden. Denn ausweislich der Gesetzesbegründung spricht der Gesetzgeber nicht von „Arbeitnehmern“, sondern von „beschäftigten Personen“. Diese Formulierung ist ganz bewusst weit gefasst.
Was passiert, wenn ich gegen die neuen Informationspflichten verstoße?
Die Regelungen der §§ 36 und 37 VSBG dürften Marktverhaltensregeln im Sinne des § 3a UWG sein. Halten Sie sich also nicht daran, setzen Sie sich der Gefahr aus, von Mitbewerbern abgemahnt zu werden.
Ich möchte meine Homepages und AGBs an die Neuregelungen anpassen und abmahnsicher machen. Kann ich mich an Sie wenden?
Selbstverständlich! Kontaktieren Sie uns!