Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 8. Juni 2018, Az. 1 BvL 7/14, das Verbot für mehrfache sachgrundlose Befristung für verfassungsgemäß erklärt. In Einzelfällen könne es sich allerdings als unzumutbar erweisen. Dies zu entscheiden, sei Sache der Fachgerichte.
Sachverhalte zur Entscheidung
Der Entscheidung lagen zwei Sachverhalte zu Grunde. Bei beiden handelte es sich um Klagen zur Entfristung des jeweiligen Arbeitsvertrages. Sie machen geltend, dass die erneut vereinbarten sachgrundlosen Befristungen unwirksam seien. Beide sehen einen Verstoß gegen § 14 Abs.2 S.2 TzBfG.
Der § 14 Abs.2 S.2 TzBfG besagt:
„Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. […]“
In dem Verfahren 1BvL 7/14 hatte das Arbeitsgericht dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob diese Regelung mit Art 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist. Denn die sachgrundlose Befristung sei nur auf den ersten Arbeitsvertrag mit dem jeweiligen Arbeitgeber beschränkt sei.
Im zweiten Verfahren, 1 BvR 1375/14, ging es um einen Arbeitnehmer, der unbefristet beschäftigt werden wollte, jedoch nur eine befristete Stelle erhalten hat. Dieser war bereits zuvor beim Arbeitgeber angestellt gewesen. Diese Anstellung lag jedoch bereits mehr als 3 Jahre zurück. Das Arbeitsgericht folgte daher dem Bundesarbeitsgericht (BAG) und die Entfristungsklage blieb erfolglos. Der betroffene Arbeitnehmer sieht mit der Auslegung des BAG seine Rechte aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verletzt.
Sachgrundlose Befristung: Die Entscheidung des BVerfG
Die Auslegung des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG durch das vorlegende Arbeitsgericht ist verfassungskonform, da sie weder die berufliche und wirtschaftliche Freiheit der Arbeitgeber noch die Berufsfreiheit der Beschäftigten verletzt. Zwar werden diese Freiheiten durch das Verbot eingeschränkt, jedoch wiegen das Sozialstaatsprinzip und die politische Zielsetzung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Regelbeschäftigungsform schwerer. Konkret heißt es:
Die gesetzliche Beschränkung befristeter Beschäftigungsformen und die Sicherung der unbefristeten Dauerbeschäftigung als Regelbeschäftigungsform trägt der sich aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Pflicht des Staates zum Schutz der strukturell unterlegenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und dem Sozialstaatsprinzip der Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG Rechnung.
Jedoch kann es auch außerhalb der Ersteinstellung durchaus unzumutbar sein, einen befristeten Arbeitsvertrag nicht abzuschließen zu dürfen. Dies müssen die Fachgerichte im Einzelfall prüfen. Eine solche Unzumutbarkeit könne beispielsweise vorliegen bei:
- sehr lang zurückliegenden Vorbeschäftigungen
- ganz anders gearteten Vorbeschäftigungen
- sehr kurzen Vorbeschäftigungen
- geringfügigen Vorbeschäftigungen während der Schul- und Studienzeit
- Vorbeschäftigungen als Werksstudent
- lang zurückliegenden Vorbeschäftigungen, die mit einer völligen beruflichen Neuorientierung einhergehen
Zudem verneint das BVerfG die Ansicht des BAG zur sachgrundlosen Befristung. Dieses hielt es bisher für zulässig, dass eine erneute sachgrundlose Befristung vorgenommen wird, wenn die Vorbeschäftigung mehr als drei Jahre zurückliegt. Das BVerfG sieht hier den Willen des Gesetzgebers durch das BAG übergangen.
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